Wohngeldreform 2009 (Archivartikel)

Nachdem der Bundestag am 25.4.2008 das "Gesetz zur Neuregelung des Wohngeldrechts und zur Änderung anderer wohnungsrechtlicher Vorschriften" verabschiedet hat, ging es danach in den Abstimmungsprozess zwischen Bundesrat und Bundestag, was letztlich noch einige Änderungen nach sich zog. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens bleibt der 1.1.2009. Bis auf Details zur Kostenaufteilung zwischen Bund und Ländern entspricht die 2. Beschlussempfehlung des zuständigen Ausschusses des Bundestags der jetzt vom Bundesrat angenommenen Fassung ( pdf Bundestagsdrucksache zur Wohngeldreform 2009 ) und wurde am 30.9.2008 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl. Jahrgang 2008 Teil I, Nr.42, S. 1856, 172kb, PDF-Format).

Wichtig für Studierende ist hier vor allem folgendes:

Nicht wohngeldberechtigt sind auch weiterhin Studierende, die "dem Grunde nach" BAföG beziehen oder beziehen könnten. Allerdings hat man diese Regelung etwas aufgeweicht, weil bei BAföG-Bezug auf Volldarlehensbasis in Zukunft paralleler Wohngeldbezug möglich sein soll. Siehe § 20 Abs. 2 Satz 2 des Entwurfs:

"(2) Stehen allen Haushaltsmitgliedern Leistungen zur Förderung der Ausbildung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz oder (...) dem Grunde nach zu oder stünden ihnen diese Leistungen im Fall eines Antrages dem Grunde nach zu, besteht kein Wohngeldanspruch. Satz 1 gilt nicht, wenn die Leistungen ausschließlich als Darlehen gewährt werden. (...)"

Das Problem der "vorübergehenden Abwesenheit", das eines der Haupthindernisse für Studierende war, um Wohngeld zu erhalten, wird endlich (!!) abgeschafft. In Zukunft wird Wohngeld immer für den Wohnsitz gezahlt, der den Lebensmittelpunkt darstellt. Siehe hierzu § 5 Abs. 1 Satz 1 des Entwurfs:

"(1) Haushaltsmitglied ist die wohngeldberechtigte Person, wenn der Wohnraum, für den sie Wohngeld beantragt, der Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen ist."

Die folgende Regelung wurde durch die Verhandlungen mit dem Bundesrat verändert:

Das Problem von Single-Anträgen bei Personen, die in einer WG leben, könnte sich in der Verfahrenspraxis zukünftig anders darstellen.

  • Eine bloße Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft läuft nur dann Gefahr, gegen den Willen der Betroffenen zu einem Wohngeldhaushalt fusioniert zu werden, wenn eine "eheähnliche Gemeinschaft" unterstellt werden kann, die man nicht widerlegen kann. Wie penetrant die Wohngeldstellen jede WG darauf prüfen werden, ob eine "eheähnliche Gemeinschaft" innerhalb der WG vorliegt, wird dann eine entscheidende Frage der Umsetzungspraxis sein.
  • Handelt es sich aber nur um eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, ist jeder Beteiligte ein eigenständiger Wohngeldhaushalt, dessen Anspruch immer wie bei einer allein lebenden Person berechnet wird.
  • Das bisherige Verfahren, wonach das gemeinsame Wohnen und Wirtschaften zu einer einschränkenden Kontrollberechnung führt, fällt weg.
  • Die Antragstellenden in WGs müssen keine Auskünfte über ihre Mitbewohner erteilen, noch werden sie für Fehler in den Wohngeldberechnungen der anderen Mitbewohner mit zur Rechenschaft gezogen.
  • Die Reform des Haushaltsbegriffs hat aber auch den Vorteil, dass in Zukunft nicht verheiratete studentische Eltern mit einem gemeinsamen Kind einen gemeinsamen Antrag stellen können, statt zwei Einzelanträge.

Im Einzelnen:

Durch eine Änderung im zweiten Entwurf des Gesetzes muss neben dem Wohnen und Wirtschaften (sowie der Erstwohnsitzmeldung) mindestens eines der folgenden Kriterien hinzutreten, um einen gemeinsamen Wohngeldhaushalt zu begründen:

"Haushaltsmitglied ist auch, wer
1. als Ehegatte eines Haushaltsmitgliedes von diesem nicht dauernd getrennt lebt,
2. als Lebenspartner oder Lebenspartnerin eines Haushaltsmitgliedes von diesem nicht dauernd getrennt lebt,
3. mit einem Haushaltsmitglied so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen,
4. mit einem Haushaltsmitglied in gerader Linie oder zweiten oder dritten Grades in der Seitenlinie verwandt oder verschwägert ist,
5. ohne Rücksicht auf das Alter Pflegekind eines Haushaltsmitgliedes ist,
6. Pflegemutter oder Pflegevater eines Haushaltsmitgliedes ist

(...)"

(§ 5 Abs. 1 Satz 2 WoGG ab 2009)

Dass der Punkt 3 ein Formulierungsimport aus dem SGB II ("HARTZ IV") zur "eheähnlichen Gemeinschaft" ist, wird durch ergänzende Ausführungen im Absatz 2 des § 5 deutlicher:

"(2) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn mindestens eine der Voraussetzungen nach den Nummern 1 bis 4 des § 7 Abs. 3a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch erfüllt ist."

(§ 5 Abs. 2 WoGG ab 2009)

Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3a SGB II:

"(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner
1. länger als ein Jahr zusammenleben,
2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen."

In der Begründung zum zweiten Entwurf wird es ab S. 47 für WGs richtig positiv formuliert:

"Der wohngeldrechtliche Haushaltsbegriff soll gegenüber dem Regierungsentwurf geändert werden. Zum Haushalt im wohngeldrechtlichen Sinne gehören und somit in eine gemeinsame Wohngeldberechnung einbezogen werden sollen nicht mehr solche Mitglieder einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, die weder eine familiäre oder verwandtschaftliche Beziehung oder ein Pflegekind-Pflegeeltern-Verhältnis zueinander haben noch einander in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft verbunden sind.
Personen, deren Beziehung in diesem Sinne nicht über eine bloße Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht, sollen getrennte Wohngeldansprüche haben. Gleichwohl soll die verwaltungsaufwendige Vergleichsberechnung nach geltendem Recht (§ 18 Nr. 4 WoGG) – wie schon im Regierungsentwurf vorgesehen – entfallen.
Zum einen erfolgt aufgrund des im Gegensatz zum geltenden Recht erweiterten Begriffs der Haushaltsmitglieder für diese bereits eine gemeinsame Wohngeldberechnung; es erübrigt sich daher für diese Personen eine Vergleichsberechnung.
Zum anderen sollen auch die Einzelansprüche in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft ohne eine darüber hinausgehende engere Beziehung der Mitglieder im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nicht mehr der Vergleichsberechnung unterzogen werden, d. h. die Einzelansprüche werden nicht mehr auf den Anspruch eines Familienhaushalts gleicher Größe gekappt."

Quelle: pdf  Bundestagsdrucksache zur Wohngeldreform 2009 (1.11 MB)

     
Top