Weil im § 7 Abs. 5 SGB II von einer Ausbildung gesprochen wird, die "im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist", muss die Interpretation über den Studentenstatus nach BAföG-Recht erfolgen, denn eigenständige Gedanken findet man hierzu im SGB II nicht. Allerdings ist die Wahrnehmung des BAföG aus der Perspektive des § 7 Abs. 5 SGB II selektiv. Folgende Fallgruppen sind aber interessant, weil sie gerade nicht den Studentenstatus erfüllen und deshalb einen Anspruch auf alle Leistungsbestandteile des SGB II haben. Alle anderen Formen der Ablehnung des BAföG führen nicht zu einem Anspruch auf Arbeitslosengeld II, weil sie beispielsweise in der Person oder im Einkommen bzw. Vermögen begründet liegen!
Vom Studium beurlaubte Studierende, die sich tatsächlich nicht mehr mit dem Studium befassen dürfen, erhalten grundsätzlich keine BAföG-Leistungen. Diese Leistungsablehnung beruht auf § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG und ist derart grundsätzlich, dass auch die Ausschlussklausel des § 7 Abs. 5 SGB II nicht mehr greift. Nach den Regeln des Jobcenters sind sie keine Studierende mehr und erhalten Leistungen.
Betroffen sind alle Bachelor- und Master-Vollzeit-Studiengänge der Universität Oldenburg, der Hochschule Emden/Leer und der Jadehochschule. Hier gilt das Unterrichtsverbot. Eine genaue Prüfung des Jobcenters, ob das Studium noch betrieben wird, braucht es deshalb an den Hochschulen des Nordwestens nicht.
In den fachlichen Hinweisen der Bundesarbeitsagentur zu § 7 SGB II wird die Beurlaubung vom Studium spätestens seit dem 20.12.2011 sehr deutlich als Zugangsmöglichkeit diskutiert. Eine in Randziffer 7.156 (Stand: 1.1.2023) eingefügte Passage nimmt Bezug auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (Urteil vom 22.3.2012, B 4 AS 102/11 R), das die Sondersituation des sächsischen Hochschulrechts betrifft. Es gibt/gab Hochschulen, die während der Beurlaubung für besondere Gruppen ein Sonderrecht auf Studium eingeführt hatten. Diese können kein Bürgergeld beanspruchen, wenn sie im vollen Umfang studieren können.
Statuswechsel bei der Krankenversicherung
Da Sie in der Regel während der Beurlaubung normale Zuschuss-Leistungen und keine Darlehen vom Jobcenter erhalten, werden Sie in der Regel auch über diesen Status krankenversichert, was die Familienversicherung, die Krankenversicherung der Studenten und die freiwillige gesetzliche Versicherung verdrängt. Mehr Infos ...
Nach § 15 Abs. 2a BAföG werden Leistungen nach dem BAföG auch gezahlt, wenn Studierende bis zu drei Monate lang durch Schwangerschaft oder Krankheit gehindert sind, an Unterrichtsveranstaltungen teilzunehmen. Setzt sich dieser Zustand aber über das Ende des dritten Monats hinaus fort, so werden die BAföG-Leistungen eingestellt.
Weil dann dem Grunde nach kein BAföG-Anspruch besteht, können ab dem vierten Monat Jobcenter-Leistungen bezogen werden. Dieser Auffassung ist die Bundesagentur für Arbeit, was sie in den Durchführungshinweisen zur Auslegung des § 7 SGB II in Randziffer 7.157 (Stand: 1.1.2023, seit 2016) deutlich macht.
Eine Beurlaubung ist nicht nötig, denn die BAföG-Einstellung erfolgt trotz voller Immatrikulation. Auch handelt es sich nicht um eine Härtefallgewährung, die nur darlehensweise bewilligt würde, sondern um einen vollen Zuschussanspruch.
Statuswechsel bei der Krankenversicherung
Da Sie dann Leistungen als Zuschuss erhalten, werden Sie in der Regel auch über diesen Status krankenversichert, was die Familienversicherung, die Krankenversicherung der Studenten und die freiwillige gesetzliche Versicherung verdrängt. Mehr Infos ...
Nach § 2 Abs. 5 BAföG muss eine Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden voll in Anspruch nehmen, um überhaupt als Ausbildungsform förderbar zu sein. Deshalb sind Teilzeitstudiengänge "dem Grunde nach" nicht förderbar, was somit die Ausschlussformulierung des § 7 Abs. 5 SGB II unterläuft (siehe Beschluss des LSG Thüringen vom 15.1.2007 sowie Fachliche Hinweise zu § 7 SGB II vom 1.1.2023, Rz. 7.158). Teilzeitstudierenden kann folglich nicht entgegen gehalten werden, sie wären wegen ihres Studentenstatus nicht berechtigt, Leistungen zu beziehen, weil sie im Sinne des SGB II keine Studierenden sind.
Vermittlungsvorrang?
Allerdings müssen sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten Erwerbsarbeit suchen, um den Leistungsbezug so kurz wie möglich zu gestalten. Dabei sollte das Teilzeitstudium besser nicht im Weg stehen. Ob diese Priorität des "Vermittlungsvorrangs" mit dem Bürgergeld ab 2023 tatsächlich auch bei Studierenden entschärft wird, muss die Praxis zeigen.
Weil Fernstudiengänge gerade in Hinsicht auf eine berufsbegleitende Situationen konzipiert wurden, ist ein Teilzeitstudierender dann auch in der Lage, den Verpflichtungen zur Arbeitssuche nach § 10 SGB II und Eingliederungsbemühungen der Behörde nachzukommen.
Anders wäre dies bei Ausbildungen mit Anwesenheitsverpflichtungen (Vorlesungen und Seminare werktags während der gewöhnlichen Arbeitszeit): Diese Verpflichtungen könnten die Arbeitsvermittlung und damit die Selbsthilfepflicht im SGB II stören. Ob man sich zumindest darauf beschränken darf, nur Teilzeitarbeitsangebote annehmen zu dürfen, ist gesetzlich nicht eindeutig klärbar. Man könnte in diesem Zusammenhang allenfalls auf § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB II verweisen und das Teilzeitstudium zu einem "sonstigen wichtigen Grund" erklären, der die Ablehnung von Vollzeitarbeit (und entsprechende Bildungsmaßnahmen) legitimiere. Es wäre allerdings besser, wenn die Vermittlungsabteilung von sich aus kooperiert, statt diese Argumentation in einem Rechtsstreit mit ungewissen Ausgang verfolgen zu müssen. Dabei können die Anmerkungen in den Fachlichen Hinweisen zu § 10 SGB II unter Randziffer 10.22 weiterhelfen, weil dort die Erstausbildung in einem Beruf positiv bewertet wird.
Noch zugespitzter ist die Situation bei studentischen Eltern. Sie dürfen mit Rücksicht auf die Erziehung ihrer Kinder Arbeitsangebote ablehnen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II). Sobald allerdings Kinderbetreuung durch Dritte realisiert wird, stellt sich die Frage, womit die gewonnene Zeit gefüllt werden muss bzw. darf. Folgt man der Logik der oben schon erwähnten Fachlichen Hinweise, so ist zum Beispiel die Verfolgung der ersten berufsabschließenden Ausbildung höher zu bewerten, weil sie langfristig der sicheren Arbeitsmarktintegration dient, als kurzfristige Teilzeitjobs, die allenfalls Teile der Leistungen einsparen helfen. Rechtsprechung zu diesem Konflikt ist nicht bekannt. Man muss auch bedenken, dass im Rahmen des BAföG Zeitverluste durch Kindererziehung kompensierbar sind: Wer sich vollzeitimmatrikuliert, aber faktisch nur Teilzeit studieren kann, erhält die Möglichkeit zur Verlängerung der BAföG-Förderungsdauer. Insofern sollten studentische Eltern die Option des Teilzeitstudiums nicht als einzige Alternative sehen.
Es gibt seltene Fälle, in denen z.B. Privatschulen nicht auf Liste der nach § 2 BAföG anerkannten Schulen stehen. Diese sind nicht "dem Grunde nach förderbar", allerdings wird man ähnlich wie bei Teilzeitstudiengängen Schwierigkeiten mit der Arbeitsmarktverfügbarkeit haben, wenn es sich nicht um die erste berufsabschließende Ausbildung handelt.
Dasselbe gilt für die Immatrikulation zur Promotion (Fachliche Hinweise zu § 7 SGB II vom 1.1.2023, Rz. 7.159) oder für Gasthörer.
Anerkannte Geflüchtete, die bereits vom Asylbewerberleistungsgesetz oder der Sozialhilfe zum SGB II übergetreten sind, können in Vorbereitung auf ein Fachstudium für einen Sprachkurs oder andere Maßnahmen immatrikuliert werden. Auch dies sind in der Regel keine nach § 2 BAföG förderbare Ausbildungen, weshalb das Jobcenter weiter zuständig bleibt. Es ist aber sinnvoll, vor Antritt eines Studiums den beruflichen Werdegang mit der Vermittlungsabteilung abzusprechen, damit keine konkurrierenden Maßnahmen vom Jobcenter dazwischen kommen.
Nach § 2 Abs. 6 Nr. 3 BAföG ist das Referendariat keine durch BAföG-Leistungen förderbare Ausbildung. Dieser Ausschluss betrifft die Ausbildungsform an sich und nicht in der Person des Antragstellenden liegende Ausschlussgründe. Trotzdem vertritt die Bundesagentur in den Fachlichen Hinweisen zu § 7 SGB II (Rz. 7.160) die Auffassung, Referendare könnten kein Jobcenter-Leistungen beanspruchen. Dieser Meinung hat sich das Landessozialgericht Niedersachsen/Bremen angeschlossen. Ein Antrag wäre daher folglich erfolglos.
"Ansprüche von Angehörigen (Regelbedarf, Bedarf für Unterkunft und Heizung, Mehrbedarfe), die mit dem erwerbsfähigen Auszubildenden in einer BG leben, werden von der Ausschlusswirkung des § 7 Absatz 5 SGB II ebenfalls nicht erfasst. Dies gilt unabhängig von etwaigen Mehrbedarfen."
(Randziffer 7.180 der Hinweise zum § 7 SGB II)
Da Kinder von Studierenden in der Regel keinen Ausbildungsstatus haben, können sie Leistungen beziehen. Dies gilt sinngemäß auch für Ehegatten oder PartnerInnen, wenn Sie keine Studierende sind.