Kindergeld für behinderte Kinder über 25 Jahre
Ausnahmsweise wird Kindergeld auch nach Vollendung des 25. Lebensjahres gezahlt, wenn das Kind aufgrund seiner Behinderung seinen Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten kann. Entscheidend ist der Zusammenhang zwischen Behinderung und Unfähigkeit zum Selbstunterhalt. Nicht unbedingt maßgebend ist also der festgestellte Grad der Behinderung. Befindet sich das Kind in einem Studium, ist es in jedem Fall als unfähig zur Ausübung einer Erwerbtätigkeit anzusehen.
Es kann unterstellt werden, dass die Behinderung der Grund für die Verlängerung ist, wenn der Grad der Behinderung 50 oder mehr beträgt. Die Behinderung muss jedoch bereits vor Beendigung des 25. Lebensjahres eingetreten sein, nicht jedoch die Unfähigkeit, sich selbst zu unterhalten.
Behinderungen im Sinne des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG sind von der Norm abweichende körperliche, geistige oder seelische Zustände, die sich erfahrungsgemäß über einen längeren Zeitraum erstrecken und deren Ende nicht absehbar ist. Zu den Behinderungen können auch Suchtkrankheiten (z.B. Drogenabhängigkeit, Alkoholismus) gehören. Nicht zu den Behinderungen zählen Krankheiten, deren Verlauf sich auf eine im Voraus abschätzbare Dauer beschränkt, insbesondere akute Erkrankungen. Die Feststellung einer Behinderung obliegt der fachlich zuständigen Behörde (i. d. R. das Versorgungsamt, welches den Grad der Behinderung feststellt).
Kinder, die wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung berücksichtigt werden sollen, müssen eine amtliche Bescheinigung über die Behinderung vorlegen. Im allgemeinen ist der Behindertenausweis, der Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes oder der Rentenbescheid ausreichend. Der Nachweis der Behinderung kann auch in Form einer anderen Bescheinigung bzw. eines Zeugnisses des behandelnden Arztes oder eines ärztlichen Gutachtens erbracht werden. Für Kinder, die sich wegen ihrer Behinderung bereits länger als ein Jahr in einer Kranken- oder Pflegeanstalt aufhalten, genügt eine Bestätigung des zuständigen Arztes hierüber.
Das volljährige Kind darf keine „Einkünfte und Bezüge“ haben, die zur Bestreitung des Unterhaltes oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind und die in der Summe die Jahres-Einkommensgrenze von 10.347 Euro (Stand: Mai 2022 / Steuerentlastungsgesetz) überschreitet. Für das Jahr 2023 wird diese Grenze auf 10.908 Euro ansteigen.
Mit Einkünften sind solche im Sinne des Einkommenssteuergesetzes gemeint. Das bedeutet auch, dass die üblichen Werbungskostenpauschalen sowie Pauschbeträge für Behinderte abgesetzt werden können. Darüber hinaus kann weiterer behinderungsbedingter Mehrbedarf abgezogen werden, wie z. B. behinderungsbedingte Fahrtkosten. Zu den anderen „Bezügen“ gehören u. a. ebenfalls nicht: Leistungen der Pflegekasse und Leistungen des Sozialamtes, soweit diese wegen eines außergewöhnlichen Bedarfes gewährt werden (z. B. Hilfe zur Pflege) sowie die Grundrente.
Das Vermögen behinderter Kinder hat keine Auswirkungen auf den Anspruch auf Kindergeld.
Der Antrag auf Kindergeld ist bei der Familienkasse des Arbeitsamtes zu stellen, bei der man bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres Kindergeld bezogen hat. Es handelt sich bei dem Antrag also um keinen Erstantrag. Es ist hilfreich das Jahr und den Monat anzugeben an welchem man letztmalig Kindergeld bezogen hat.
Der Antrag kann formlos gestellt werden. Grundsätzlich stellen die Eltern oder ein Elternteil den Antrag. Es ist aber auch möglich, sich von den Eltern oder Elternteilen diesbezüglich bevollmächtigen zu lassen. Sollten die Eltern verstorben sein, kann auch das Kind den Antrag stellen.
Das Kindergeld kann für sechs Monate rückwirkend beantragt werden.
Der Anspruch besteht grundsätzlich lebenslang, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt werden.
In der Dienstanordnung zum Kindergeld finden Sie unter A 19 (Volljährige behinderte Kinder) ausführliche Auslegungsvorschriften zu dem Allgemeinen Behindertenbegriff, dem Nachweis der Behinderung, der Ursächlichkeit der Behinderung sowie dem Außerstande sein, sich selbst zu unterhalten.
Explizit steht hier unter A 19.3. Abs. 2.:
Die Ursächlichkeit der Behinderung für die Unfähigkeit des Kindes, sich selbst zu unterhalten, kann grundsätzlich angenommen werden, wenn:
- der Grad der Behinderung 50 oder mehr beträgt (vgl. A 19.2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und das Kind für einen Beruf ausgebildet wird.