Zwei Varianten im Überblick
Nicht immer führt der Weg aus der Hochschule gleich in feste Arbeitsverhältnisse. Übergangsjobs, die hinreichende Mittel zum Lebensunterhalt bieten, sind vielleicht nicht gleich zur Hand. Folglich wären verschiedene Sozialleistungen, Übergangsunterhalt und Minijobs zu diskutieren.
Man kann aus sozialrechtlicher Sicht grundsätzlich zwei Strategien zur Übergangsfinanzierung unterscheiden:
- die Wohngeld - Jobber - Variante und
- die Bürgergeld - Variante.
Natürlich können Sie sich aus beiden Sozialleistungen auch ganz heraus halten, wenn Ihnen das finanziell möglich ist. Dann ist die Lektüre dieser Seite überflüssig und das Kapitel Statuswechsel sollte im Mittelpunkt stehen.
Da Wohngeld und Bürgergeld in der Regel nicht gleichzeitig beantragt werden können, ist vor dem Ende des Studiums eine klare Entscheidung für einen der beiden Wege zu treffen.
Von Wohngeld allein kann niemand leben, da es nur einen Teil der Miete finanziert. Deshalb wird bei den Wohngeldstellen bei sehr geringen Einkünften immer sofort die Glaubwürdigkeit der Antragstellenden bezweifelt. Dies wirft die Frage nach zusätzlichen Einkommensquellen auf, die Grundlage eines Wohngeldantrags sein können:
Sie können eigene Rücklagen verbrauchen, sich bei Dritten verschulden, übergangsweise Unterhaltszahlungen der Eltern nutzen oder sich mit nicht ausbildungsadäquaten Jobs über Wasser halten. Wie man im Kapitel Statuswechsel sehen kann, fallen aber mit dem Ende der Ausbildung eine Reihe von Vergünstigungen weg, die gerade den Arbeitsmarkt (Werkstudentenregelung) und die Zahlungsfähigkeit der Eltern (Kindergeld) betreffen. Auch in der Krankenversicherung steigen meist die Kosten (Wegfall von Beihilfe, Krankenversicherung der Studenten oder Familienversicherung). Wer in einem Zweitstudiengang immatrikuliert ist, hat in der Regel diese Probleme nicht, muss aber die Immatrikulationskosten gegenrechnen.
Wer folglich in dieser Variante nicht untergehen will, sollte stabile Einkommensverhältnisse von mindestens 600 € monatlich prognostizieren können und sich in der Beratung eine Wohngeldberechnung auf dieser Grundlage erstellen lassen. Alle anderen sollten bereits vor Ende des Studium vorbereitende Maßnahmen für einen Antrag auf Bürgergeld einleiten.
An dieser Stelle können nicht alle Aspekte einer Antragstellung erörtert werden. Es wäre z.B. sinnvoll über Einkommens- und Vermögensanrechnung zu sprechen sowie die üblichen Anforderungen der "Selbsthilfe" durch Arbeitsplatzsuche zu verdeutlichen. Erste Hinweise zur Berechnung und zur Krankenversicherung können Sie bereits im Vorfeld nachlesen, ebenso eine Beispielrechnung. Alles weitere sollte individuell während der Beratung abgeklärt werden.
Drei besondere Merkmale des Absolvierens dürfen hier aber nicht fehlen:
Wenn eine Berufsausbildung abgeschlossen ist und danach Arbeitslosengeld II bezogen werden muss, so werden die Eltern nicht mehr wie zu Zeiten der Sozialhilfe vom Amt zu Unterhaltszahlungen zwangsverpflichtet, sofern das arbeitslose Kind nicht aus eigenem Antrieb eine Unterhaltsforderung gegen die Eltern erhebt oder bereits längere Zeit nach dem Studium Unterhalt gezahlt wurde (§ 33 Abs.2 Satz 1 Nr. 2 SGB II).
Praktische Konsequenz ist an dieser Stelle: Für den Monat, in dem die letzte Ausbildungsunterhaltszahlung von den Eltern auf dem Konto eingeht, sollte ein Antrag auf Arbeitslosengeld II nicht gestellt werden!
Bereits zu Beginn der Hartz IV - Umsetzung wurde folgende verschärfende Vorschrift beim Paragraphen eingefügt, der den Bedarf für "Kosten der Unterkunft" regelt:
"(...) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen."
(§ 22 Abs. 5 Satz 4 SGB II)
Die "absichtliche Herbeiführung" kann bei Studierenden, die schon länger am Studienort unabhängig von den Eltern wohnen, nicht unterstellt werden. Aufforderungen, in den Elternhaushalt zurückzuziehen, sind in solchen Fällen vom Gesetz nicht gedeckt. Wer allerdings nach dem Studium freiwillig zu den Eltern zieht, unter 25 Jahren alt ist und wieder ausziehen möchte, ohne einen Job zu haben, muss dafür besondere Gründe haben, will er/sie trotzdem unmittelbar danach Leistungen vom Jobcenter beantragen.
Ausbildungsende unabhängig von der Immatrikulation:
Genau genommen sind nur dem Grunde nach BAföG-förderbare Ausbildungen ein Hindernis für den Bürgergeld - Bezug (§ 7 Abs. 5 SGB II). Im BAföG wird das Ausbildungsende § 15b Abs. 3 Satz 2 durch einen Erlass bereits ab Juli 2016 im Wortlaut des 25. BAföG-Änderungsgesetzes wie folgt definiert:
"Eine Hochschulausbildung ist (...) mit Ablauf des Monats beendet, in dem das Gesamtergebnis des erfolgreich abgeschlossenen Ausbildungsabschnitts bekannt gegeben wird, spätestens jedoch mit Ablauf des zweiten Monats nach dem Monat, in dem der letzte Prüfungsteil abgelegt wurde."
Somit ist der auf die Bekanntgabe folgende Monat grundsätzlich kein BAföG-Bezugszeitraum, wobei unerheblich ist, ob immatrikuliert oder nicht. Damit muss der Bezug von Bürgergeld sogar ohne Exmatrikulation möglich sein. Diese Sichtweise hat die Bundesagentur in ihre Hinweise zu § 7 SGB II aufgenommen (dort dann Rz. 7.176, Stand: 10.8.2016).
Bürgergeld nach Exmatrikulation, wenn alle Prüfungen absolviert wurden:
Die Bundesagentur für Arbeit vertritt die Rechtsauffassung, dass nach dem Ablegen aller Prüfungen und erfolgter Exmatrikulation (mit sofortiger Wirkung) kein Studium mehr betrieben wird. Somit wäre am ersten Tag nach dem Inkrafttreten der Exmatrikulatrion ein Anspruch auf Bürgergeld gegeben, wenn alle weiteren Voraussetzungen (z.B. Einkommens-, Vermögensprüfung) zutreffen.
(Fundstelle: Wissensdatenbank zu § 7 SGB II, Eintrag Nr. 070083, Stand: 09.05.2017, Schlagwort: "BAföG - vorzeitige Exmatrikulation nach Prüfungsabschluss")